Protokoll zum 06.03.22 Plat.epVII.340d-341b
Zeit: 10:00 - 12:00 Uhr Ort: online
anwesend: Caren, Holger, Ulf, Friedrich
Übersetzung:
1 | [340δ] ταύτῃ καὶ κατὰ ταῦτα διανοηθεὶς | Auf diese Weise und so eingestellt |
2 | ὁ τοιοῦτος ζῇ, πράττων μὲν | lebt und handelt solcher |
3 | ἐν αἷστισιν ἂν ᾖ πράξεσιν, | bei welchen Handlungen auch immer |
4 | παρὰ πάντα δὲ ἀεὶ φιλοσοφίας ἐχόμενος | und hält sich bei allem immer an die Philosophie |
5 | καὶ τροφῆς τῆς καθ᾽ ἡμέραν | und an die tägliche Lebensweise, |
6 | ἥτις ἂν αὐτὸν μάλιστα εὐμαθῆ τε καὶ μνήμονα | die ihn am ehesten lernfähig und gedächtnisstark |
7 | καὶ λογίζεσθαι δυνατὸν | und zu denken fähig |
8 | ἐν αὑτῷ νήφοντα ἀπεργάζηται· | macht, weil er bei sich nüchtern bleibt. |
9 | τὴν δὲ ἐναντίαν ταύτῃ μισῶν διατελεῖ. | Die dieser <Lebensweise> engegengesetzte hasst er beständig. |
10 | οἱ δὲ ὄντως μὲν μὴ φιλόσοφοι, | Die aber nicht wirklich philosophisch Eingestellten |
11 | δόξαις δ᾽ ἐπικεχρωσμένοι, καθάπερ | und von Meinungen Übertüchten wie |
12 | οἱ τὰ σώματα ὑπὸ τῶν ἡλίων ἐπικεκαυμένοι, | die am Körper von den Sonnenstrahlen Gebrannten, |
13 | ἰδόντες τε ὅσα μαθήματά ἐστιν | wenn sie sehen, wie umfangreich die Lehre ist |
14 | καὶ ὁ πόνος [340ε] ἡλίκος | und wie groß die Mühe |
15 | καὶ δίαιτα ἡ καθ᾽ ἡμέραν | und ´wie` die ´anständige` tägliche Lebensweise |
16 | ὡς πρέπουσα ἡ κοσμία τῷ πράγματι, | °° der Sache angemessen <ist>, |
17 | χαλεπὸν ἡγησάμενοι καὶ ἀδύνατον αὑτοῖς, | <diese> meinen, dass es zu schwer und unmöglich für sie sei, |
18 | οὔτε δὴ [341α] ἐπιτηδεύειν δυνατοὶ γίγνονται, | und (Beiordnung) sie können es also auch nicht leisten, |
19 | ἔνιοι δὲ αὐτῶν πείθουσιν αὑτοὺς | einige aber von ihnen reden sich ein, |
20 | ὡς ἱκανῶς ἀκηκοότες εἰσὶν τὸ ὅλον, | dass sie im Ganzen genug gehört haben |
21 | καὶ οὐδὲν ἔτι δέονταί τινων πραγμάτων. | und nichts mehr von den Gegenständen/Schwierigkeiten <zu hören> brauchen. |
22 | ἡ μὲν δὴ πεῖρα αὕτη γίγνεται | Diese Prüfung nun ist |
23 | ἡ σαφής τε καὶ ἀσφαλεστάτη | die sichere und untrüglichste <Prüfung> |
24 | πρὸς τοὺς τρυφῶντάς τε | für die, die üppig leben |
25 | καὶ ἀδυνάτους διαπονεῖν, | und unfähig sind, Mühen durchzustehen, |
26 | ὡς μηδέποτε βαλεῖν ἐν αἰτίᾳ τὸν δεικνύντα | so dass man niemals dem Lehrer die Schuld gibt, |
27 | ἀλλ᾽ αὐτὸν αὑτόν, μὴ δυνάμενον | sondern sich selbst als unfähig, |
28 | πάντα τὰ πρόσφορα ἐπιτηδεύειν τῷ πράγματι. | all das der Sache Nützliche zu leisten. |
29 | οὕτω δὴ καὶ Διονυσίῳ | So wurde also auch Dionysios |
30 | τότ᾽ ἐρρήθη τὰ ῥηθέντα. | damals das Gesagte gesagt. |
31 | πάντα μὲν οὖν οὔτ᾽ ἐγὼ διεξῆλθον | Alles allerdings bin ich nun weder durchgegangen |
32 | οὔτε [341β] Διονύσιος ἐδεῖτο· | noch verlangte es Dionysios. |
33 | πολλὰ γὰρ αὐτὸς καὶ τὰ μέγιστα | Denn viele Kernpunkte gab er vor selbst |
34 | εἰδέναι τε καὶ ἱκανῶς ἔχειν προσεποιεῖτο | zu wissen und genügend <begriffen> zu haben °° |
35 | διὰ τὰς ὑπὸ τῶν ἄλλων παρακοάς. | aufgrund des Hörensagens von den anderen. |
36 | ὕστερον δὲ καὶ ἀκούω | Später aber höre ich auch, |
37 | γεγραφέναι αὐτὸν | dass er darüber geschrieben habe, |
38 | περὶ ὧν τότε ἤκουσε, | was er damals hörte, |
39 | συνθέντα ὡς αὑτοῦ τέχνην, | als ob er ein eigenes Werk vorlege, |
40 | οὐδὲν τῶν αὐτῶν ὧν ἀκούοι· | und nichts von gerade dem, was er gehört habe. |
41 | οἶδα δὲ οὐδὲν τούτων. | <Genau> weiß ich aber nichts darüber. |
42 | ἄλλους μέν τινας οἶδα | Einige andere haben zwar, wie ich weiß, |
43 | γεγραφότας περὶ τῶν αὐτῶν τούτων, | über eben dies geschrieben, |
44 | οἵτινες δέ, οὐδ᾽ αὐτοὶ αὑτούς.a)[i] | welche aber <es sind, weiß ich nicht,> und auch nicht, <ob> sie sich <etwa: als Urheber genannt haben>. |
45 | τοσόνδε γε μὴν περὶ πάντων ἔχω φράζειν | Soviel immerhin kann ich gewiss °° sagen über alle, |
46 | τῶν γεγραφότων [341ξ] καὶ γραψόντων, | die geschrieben haben und schreiben werden, |
47 | ὅσοι φασὶν εἰδέναι | die/insofern sie behaupten, Kenntnis zu haben |
48 | περὶ ὧν ἐγὼ σπουδάζω, | über das, worum ich mich bemühe, |
49 | εἴτ᾽ ἐμοῦ ἀκηκοότες εἴτ᾽ ἄλλων | ob sie es nun von mir oder anderen gehört haben |
50 | εἴθ᾽ ὡς εὑρόντες αὐτοί· | oder als ob sie es selbst herausgefunden hätten, |
51 | τούτους οὐκ ἔστιν κατά γε τὴν ἐμὴν δόξαν | diesen ist es nach meinem Dafürhalten nicht möglich, |
52 | περὶ τοῦ πράγματος ἐπαΐειν οὐδέν. | irgendetwas von der Sache zu verstehen. |
53 | οὔκουν ἐμόν γε περὶ αὐτῶν ἔστιν σύγγραμμα | Denn von mir gibt es darüber keine Schrift |
54 | οὐδὲ μήποτε γένηται· | und soll es niemals geben. |
Besonderheiten:
- Zu den Modi:
- Z. 8: Kon. mit ἄν im Relativsatz: indefinit/iterativ, im Dt. mit Indikativ zu übersetzen
- Z. 40: obliquer Optativ
- Z. 54: prohibitiv in der 3. Person (=verneinter Imperativ)
- ὡς + Partizip/Nomen:
Grundsätzlich verstärkt dieses ὡς die Funktion des Partizip oder Nomen als Prädikativum und ist dann am ehesten mit "als" zu übersetzen.
Mit dem Partizip Futur entsteht eine zukünftig-finale Bedeutung, für die wir im Dt. den Ausdruck mit "um zu" haben: εἶμι ὡς ἀφιξόμενος "ich gehe, um anzukommen < ich gehe als einer der ankommen wird/will".
Im Übrigen kann ὡς + Partizip/Nomen auch zur Bedeutung der irrealen Annahme tendieren: "als ob", so auch in- Z. 39: es als/wie ein eignes Werk vorlegend/ als ob er ein eigenes Werk vorlege,
- Z. 54: als es selbst herausgefunden habende/ als ob sie es selbst herausgefunden hätten
- Zu den satzgliedernden Partikeln/Konjunktionen:
Im Griechischen sind sie nötig zur Gliederung der Sätze und Texte. Sie zeigen an, wo ein neuer Satzabschnitt oder ein neuer Satz beginnt. Dazu gehört auch, dass die griechische Sprache grundsätzlich polysyndetisch ist; hier steht zwischen allen Glieder einer Reihe eine Partikel/Konjunktion. Für das Lateinische gilt das im Prinzip nur für die Aufzählungen. Das Deutsche ist bei Aufzählungen monosyndetisch und setzt nur vor dem letzten Glied eine Kunjunktion.
Das heißt 1.: Wir müssen die Partikeln/Konjunktionen genau beachten, um die Struktur des Satzes oder des Textes zu erkennen.
Das heißt 2.: für die Übersetzung ins Deutsche, dass wir von μέν - δέ, καί/τε - καί und ähnlichem nur dann etwas auf Deutsch wiedergeben, wenn dadurch der logische Zusammenhang klarer wird. Und da μέν - δέ schon im Altgriechischen durchaus nicht immer den Gegensatz ausdrückt, recht häufig für δέ auch nur das monosyndetische "und" einsetzen.
Nächster Termin:
Sonntag, 13.03., 10:00 Uhr.
Vorbereitung dafür:
- Ich habe p22_Aufgabe3 hochgeladen, bitte also, damit p22 zu Ende übersetzen, aber in nochmals verändertem Format; s. dort.
- Ich werde auch schon (wohl am Montag) p23_Vokabeln hochladen. Es lohnt sich, sie zu lernen schon jetzt anzufangen.
- Ebenso werde ich (wohl am Montag) p23_Aufgabe_1 hochladen (nur wenn Ihr Zeit habt). p23 beinhaltet den berühmten philosophische Exkurs. Ihr seht dort in Aufgabe1, dass ich den Text in einer Tabelle nach Sätzen formatiert habe, die durchnummeriert sind.
Zusätzlich findet Ihr in p23_3x_übersetzt_1 drei Übersetzungen des Textes, die entsprechend durchnummeriert sind. Damit versuche ich, unsere Beschäftigung mit diesem Abschnitt zu beschleunigen und zugleich den Überblick über den Gedankengang zu erleichtern. Wie Ihr diese Übersetzungen für Eure eigene Übersetzung nutzt, überlasse ich Euch.
[i] korrupt oder übermäßig verknappt; vielleicht: οἵτινες δέ <εἰσιν oὐκ οἶδα>, οὐδ᾽ <εἰ> αὐτοὶ αὑτοὺς <συντεθηκέναι γεγράφασιν>.