z08 Protokoll zum 29.05.2021

Zeit: 17:00 - 19:15 Uhr
anwesend: Caren, Ulf, Friedrich - entschuldigt: Dimos

Thema: Altgriechische Dichtung

Vorgesehen ist für diesen kleinen Abstecher ins Reich der Versdichtung nur dieses Intermezzo von einer Sitzung.

Wir beginnen mit einem Beispiel aus dt. Dichtung, und zwar mit den Anfangsversen des Helena-Aktes in Faust II, an dessen Ende aus der Verbindung des Antik-Griechischen mit dem Neuzeitlich-Abendländischen in Helenas und Fausts Sohn Euphorion die Kunst, die Poesie, geboren wird; das ist der dt. Klassizismus in Reinkultur. Es ging uns aber viel einfacher darum, dass auch hier wie allenthalben in der Welt die Grammatik sich mit dem Vers arrangieren muss und so im schwebenden Sprachklang eine neue Ebene der Bedeutung oder ganz einfach: der gesteigerten Erwartung und Aufmerksamkeit des Lesers/ Hörers entsteht.

Zugleich müssen wir eingestehen, dass die Verskunst in der altgriechische Sprache mit ihrem melodischen Wortakzent und der quantitierenden Metrik kaum wirklich nachvollziehbare ist.  So gab der Dichter der Chorlyrik mit dem Text des Gedichts zugleich die Melodie und die Tanzschritte für den Vortrag vor. Genaueres zur quantitierenden Metrik in M01.

Als Beispiel für die Chorlyrik dient uns aus Zusatztext ZT03 Alkmans Gedicht über die schlafende Natur, die in Vokabular und Thematik an den Homerischen Hymnos Nr. 5 an Aphrodite erinnert, nun aber die umfassende Natur ganz immanent und ohne Bezug auf Götter beschreibt.

Dasselbe gilt auch für Sapphos Beschreibung des aufgehenden Mondes in dem ebenfalls in ZT03 wiedergegebenen Fragment, das wohl im Zusammenhang eines längeren Gedichts als Vergleich für die Erscheinung des geliebten Mädchens diente. Aber auch Sappho kommt hier ohne Transzendenz aus. Die sapphische Strophe dient uns als Beispiel für die Kunst der monodischen Dichtung. Ich werde beide Gedichte noch in eine Audio-Datei einlesen.

Ich muss an dieser Stelle meine Aussage korrigieren, Hölderlin, der Inbegriff des klassizierenden Dichters, habe die sapphische Strophe verwendet. Vielmehr finden sich bei ihm viele Oden, die in der Form einer asklepiadeischen Strophe, die ganz ähnlich gebaut sind; die ersten beiden Zeilen haben das Schema: —◡—◡◡— | —◡◡—◡—

Hier ein Beipiel:
Sokrates und Alkibiades

„Warum huldigest du, heiliger Sokrates,
Diesem Jünglinge stets? kennest du Größers nicht?
Warum siehet mit Liebe,
Wie auf Götter, dein Aug’ auf ihn?“

Wer das Tiefste gedacht, liebt das Lebendigste,
Hohe Jugend versteht, wer in die Welt geblickt,
Und es neigen die Weisen
Oft am Ende zu Schönem sich.

Auf der Suche in meinen alten Büchern nach einer eingängigen Transformation einer sapphischen Strophe bin ich gerade in meines Lehrers Walther Killy "Elemente der Lyrik" auf eine Würdigung der Alkman-Zeilen gestoßen. Ich werde sie in ZT03 hochladen. Vielleicht iteressiert Euch das noch.

Nach Goethe, Alkman und Sappho kommen wir nun auf die Eingangszeilen des Homerischen Hymnos Nr. 5 zu sprechen. (Nachtrag: Mit Hymnen bezeichnen wir Gedichte auf höhere Wesen, mit Oden diejenigen auf Menschen.) Es geht vor allem ums Lesen der Hexameter, zuerst an diesem vorbereiteten Text, dann auch am unvorbereiteten Hymnos Nr. 6. Ich verweise auch hier auf die Darstellung unter Metrikin M01 und M02. Eine Seite zur Chor- und zur monodischen Lyrik fehlt noch auf zussokrates.de. Sie wird nachgetragen, wenn wir, wie abschließend verabredet, nach der Xenophonlektüre die Beschäftigung mit der altgriechischen Dichtung fortsetzen wollen.

Nächster Termin: Sonntag (!), 06.06., 16:00 Uhr (!)

Vorbereitung: p09_Vokabeln und Anfang des p09-Textes, so weit Ihr mögt; bitte schriftlich einreichen.
Außerdem Peter Funke, Athen in klassischer Zeit bis S. 28 lesen.
FH