eE02.7 Protokoll zum 30.01.23

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eE02.7_Protokoll zum 30.01.23.

Zeit: 19:30 bis 21:40 Uhr              Ort: online
anwesend: Regine Bergfeld, Monika Voncina, Sabine Merten, Günther Haage, Roman Jerabek, Friedrich Holtiegel

  1. Klärungen zu den Konventionen zum Vokabeleintrag.
    Dazu gehört neu,
    dass die griech. Verben mit der 1. Person Singlar Indikativ Präsens Aktiv (1.Sg.Ind.Pr.A) angegeben werden,
    also φέρω, übersetzt: „ich bringe“,
    doch als dt. Wortgleichung – wie auch sonst in dt. Lexika – der Infinitiv Präsens Aktiv (Inf.Pr.A) „bringen“; Also steht es folgendermaßen in den Vokabeln und Griechischlexika:
    φέρω             bringen
    φαίνω          scheinen
  2. Begriffserläuterung:
    1. Die Flexion (Beugung) der Verben heißt Konjugation,
    2. die Flexion (Beugung) der Nomina heißt Deklination.
    3. Nicht flektierte Wortarten sind: Adverbien, Präpositionen, Konjunktionen und Partikel wie οὐ/οὐκ/οὐχ.
  3. Kongruenz:
    Das ist
    1. die Übereinstimmung des Prädikats (also auch seines Teils Prädikatsnomen) mit dem Subjekt
      in Numerus und Genus, Beispiel ἀνελεύθεροι γάρ εἰσιν οἱ φιλάργυροι.
      Zur Erinnerung: ἀνελεύθεροί εἰσιν ist das zweiteilige Prädikat aus Prädikatsnomen + Kopula.
      Das Subjekt ist Nom.Pl.m., also gilt das auch fürs Prädikat.
    2. die Übereinstimmung des Adjektivattributs mit seinem Beziehungswort (Substantiv)
      in Kasus, Numerus und Genus, Beispiel τὸ φῶς ἐν τῇ μακρᾷ σκοτίᾳ φαίνει „Das Licht scheint in der großen Dunkelheit.“ Das Adjektivattribut μακρᾷ steht wie sein Beziehungswort σκοτίᾳ im Dat.Sg.f.
  4. Erläuterung von DE/KE Bildung der thematischen Flexionen
    1. Ein Wort besteht entweder aus der bloßen Wortwurzel wie der Vokativ παῖ(δ) [auslautender Dental fällt im Gr. aus],
      oder aus Wurzel + Themavokal + Endung: λόγ- + -o- + ς
      oder aus Wurzel + Stammauslaut + Themavokal + Endung: παιδ- + -ευ- + -ε- + -τε
    2. Der häufige griechische Ablaut -ε- / -ο- findet sich z.B. in λέγω reden / λόγος Rede, Wort.
    3. Er spielt z.B. eine Rolle beim sogenannten Themavokal der „thematischen“ Verben, wo er zusammen mit der Personalendung die „verbundene Personalendung“ bildet:
      1.Sg.      -o- + Dehnung                  > -ω
      2.Sg.      -ε- + -σι   (> -ις)                 > -εις    
      3.Sg.      -ε- + τι     (> -ι )                  > -ει
      1.Pl.       -ο- + μεν                              > -ομεν
      2.Pl.       -ε- + τε                                 > -ετε
      3.Pl.       -ο- + νσι > Ers.Dehnung > -ουσι(ν)                           (Ers.Dehnung = Ersatzdehnung)
  5. Das Pronomen αὐτός, αὐτή, αὐτό „selb, er/sie/es“
    1. ὁ αὐτὸς ἰατρός derselbe Arzt (attributive Stellung, d.h. αὐτός steht als Attribut in der Klammer zwischen Artikel und Substantiv)
    2. ὁ ἰατρὸς αὐτός der Arzt selbst (prädikative Stellung, d.h. αὐτός ist kein Attribut, sondern ein Prädikativum, es steht gleichsam zwischen dem Substantiv, mit dessen Endung es kongruiert, und dem Prädikat;
      z.B. Der Arzt selbst setzt die Spritze ≠ Derselbe Arzt setzt die Spritze.
    3. αὐτός, αὐτή, αὐτό ersetzt zusätzlich in der Bedeutung „selbiger“ das Personalpronomen der 3. Person (er/sie/es), aber nur in den obliquen Kasus, nicht im Nominativ; denn da hat es die Bedeutung a) oder b).
      z.B. καὶ ἡ σκοτία αὐτὸ οὐ κατέλαβεν „und die Finsternis hat selbiges/es nicht ergriffen.
       
 
  1. 1    Ἐν ἀρχῇ ἦν ὁ λόγος,
    2    καὶ ὁ λόγος ἦν πρὸς τὸν θεόν,
    3    καὶ θεὸς ἦν ὁ λόγος.
    4    Οὗτος ἦν ἐν ἀρχῇ πρὸς τὸν θεόν.
    5    Πάντα δι' αὐτοῦ ἐγένετο,
    6    καὶ χωρὶς αὐτοῦ ἐγένετο οὐδὲ ἓν
          ὃ γέγονεν.
    7    Ἐν αὐτῷ ζωὴ ἦν,
    8    καὶ ἡ ζωὴ ἦν τὸ φῶς τῶν ἀνθρώπων·
    9    καὶ τὸ φῶς ἐν τῇ σκοτίᾳ φαίνει,
    10   καὶ ἡ σκοτία αὐτὸ οὐ κατέλαβεν.
 

Am Anfang war das Wort,
und das Wort war bei [dem] Gott.
Und Gott war das Wort.
Dieses war am Anfang bei [dem] Gott.
Alles wurde durch es (dieses),
und ohne es (dieses), wurde auch nicht eins,
was geworden ist.
In ihm war das Leben,
und das Leben war das Licht der Menschen.
Und das Licht scheint in der Finsternis,
und die Finsternis hat es nicht ergriffen.

 
  1. Ζεῦ, πάτερ Ζεῦ,
    σὸν μὲν οὐρανοῦ κράτος,
    σὺ δ' ἔργ' ἐπ' ἀνθρώπων ὁρᾷς
    λεωργὰ καὶ θεμιστά,
    σοὶ δὲ θηρίων
    ὕβρις τε καὶ δίκη μέλει.
 

Zeus, Vater Zeus,
dein ist die Macht des Himmels,
und du siehst die Werke bei den Menschen,
die schlechten und die gesetzmäßigen,
und dich kümmert der Tiere
Frevel und Rechtmäßigkeit.

 
  1. τὰ τῷ αὐτῷ ἴσα 
    καὶ ἀλλήλοις ἐστὶν ἴσα.

 

Das demselben Gleiche
ist auch einander gleich.
Wenn a=c und b=c, dann auch a = b.
Sind zwei Größen einer dritten gleich,
dann sind sie auch untereinander gleich.

zu 1) 5 und 6: „durch es“ und „ohne es“ ist schlechtes Deutsch, da „es“ atonon (tonlos) ist und hinter der Präposition einen Ton bekäme. Es wird ersetzt durch das Demonstrativum „dieses“.
zu 1) 3: Die Übersetzung oben folgt der Reihenfolge der Wörter. Aber mit vorrangig grammatischem Verständnis muss es heißen: „und das Wort war (ein) Gott“, wobei „das Wort“ Subjekt und „Gott“ Prädikatsnomen ist.
Begründung: „Sokrates ist (ein) Philosoph“ ist eine Prädikation, d.h. dem einmaligen bestimmten Subjekt Sokrates wird die umfassende Gattung Philosoph zugeordnet. Dieser eine Sokrates gehört zur Kategorie der Philosophen.
Sο geschieht es auch bei „Ich bin ein Esel“ oder ἄνθρωπος μικρὸς κόσμος oder αἰ ἀρεταὶ ἀθάνατοι.
Ιm letzten Beispiel wird deutlich, dass das Subjekt in der klassischen Prosa gegebenenfalls den bestimmten Artikel trägt; aber auch ein Eigenname „Sokrates“ oder die 1. Person „ich“ sind sowieso ein bestimmtes Einzelnes. Das Prädikat hingegen ist als größere Kategorie unbestimmt: Daher heißt es im Deutschen „Ich bin ein Esel“, und im Griechischen steht entsprechend das Prädikatsnomen in der Regel ohne bestimmten Artikel. Also: „Das Wort ist (ein) Gott.“
Nun gibt es aber im Monotheismus überhaupt  nur einen Gott, so dass die Prädikation zur Ineinssetzung führt. Beispiel dafür wären: „ich bin du“ oder „du bist ich“. Die Reihenfolge ändert nichts an der Logik. Und so kann die Übersetzung stehenbleiben. Der bessere Denkanreiz steckt m.E. allerdings in „Das Wort ist Gott“.
zu 1) 8: Hier werden, was selten ist, zwei Ausdrücke mit Artikel nebeneinander gestellt. Welcher ist Subjekt, welcher Prädika? „Das Licht ist das Leben“ wäre für uns Heutigen die naheligende Übersetzung, aber was ist dann mit der Zuordnung von τῶν ἄνθρώπων?
Für Johannes sind sowohl das Licht als auch das Wort Identifikationen mit Jesus Christus. Das wird klar, wenn man seinen Text weiterliest.
Nächster Termin: Montag, 06.02.23 um 19:30 Uhr

Vorbereitung dafür (hier einige Vorschläge):

  • Schreiben: Bitte die restlichen Vokabeln und ein Stück Text abschreiben und zuschicken.
  • Lesen: Bitte den Text lesen können.
  • Auswendig: Bitte aus eE02.2 die Sätze 3, 7 und 8 (Homo-mensura-Satz) lernen. (Merksätze!)
                          Und vielleicht auch die bisherigen Deklinations- und Konjugationsparadigmata in
                          eE02.3 o-/a-Dekl.1 - eE02.5 Pronomina 1 - DE/KE Bildung der thematischen Flexionen
  • Übersetzen: eE02.2 auch ohne Spickzettel. (Vokabeln festigen sich im Textzusammenhang.)

Viel Spaß beim Vorankommen! Aber lieber wenig und das gründlich.