pDem38-44 Protokoll zum 13.11.22

Zeit: 10:00 bis 12:00 Uhr                              -                              Ort: online
anwesend: Caren, Holger, Friedrich
Übersetzung:

[38] τὸν οὖν καιρὸν ἑκάστου τῶν πραγμάτων,

ὃν ἡ τύχη καὶ τοῖς ἀμελοῦσιν κατὰ τῶν προσεχόντων πολλάκις παρασκευάζει, οὐκ ἦν πρίασθαι παρὰ τῶν λεγόντων οὐδὲ τῶν στρατηγούντων,

οὐδὲ τὴν πρὸς ἀλλήλους ὁμόνοιαν,

οὐδὲ τὴν πρὸς τοὺς τυράννους καὶ τοὺς βαρβάρους ἀπιστίαν,

οὐδ᾽ ὅλως τοιοῦτον οὐδέν.

Den richtigen Augenblick nun für eine jede der politischen Entscheidungen,

den der Zufall auch für die Sorglosen gegenüber den Sorgsamen oft bereitstellt,

konnte man nicht kaufen von den Rednern und nicht von den Militärs,
auch nicht die Eintracht miteinander,

auch nicht das Misstrauen gegenüber den Tyrannen und Barbaren

und überhaupt nichts derart.

[39] νῦν δ᾽ ἅπανθ᾽ ὥσπερ ἐξ ἀγορᾶς ἐκπέπραται ταῦτα,

ἀντεισῆκται δ᾽ ἀντὶ τούτων

ὑφ᾽ ὧν ἀπόλωλε καὶ νενόσηκεν ἡ Ἑλλάς.

ταῦτα δ᾽ ἐστὶ τί; ζῆλος, εἴ τις εἴληφέ τι· γέλως, ἂν ὁμολογῇ·

συγγνώμη τοῖς ἐλεγχομένοις· μῖσος, ἂν τούτοις τις ἐπιτιμᾷ·

τἄλλα πάνθ᾽ ὅσ᾽ ἐκ τοῦ δωροδοκεῖν ἤρτηται.

Nun aber ist alles das wie vom Markt ausverkauft,

und anstelle dessen hereingenommen,

wodurch Griechenland zugrunde gegangen und erkrankt ist.

Und das ist was? Neid, wenn einer etwas bekommen hat; Gelächter, wenn er es zugibt;

Vergebung für die Überführten; Hass, wenn einer diesen Vorwürfe macht;

und das andere alles, das auf der Bestechung beruht.

[40] ἐπεὶ τριήρεις γε καὶ σωμάτων πλῆθος καὶ χρημάτων

καὶ τῆς ἄλλης κατασκευῆς ἀφθονία,

καὶ τἄλλ᾽ οἷς ἄν τις ἰσχύειν τὰς πόλεις κρίνοι,

νῦν ἅπασι καὶ πλείω καὶ μείζω ἐστὶ τῶν τότε πολλῷ.

ἀλλὰ ταῦτ᾽ ἄχρηστα, ἄπρακτα, ἀνόνητα ὑπὸ τῶν πωλούντων γίγνεται.

Denn Trieren jedenfalls und eine Menge an Soldaten und Geld

und die Fülle der sonstigen Ausrüstung

und das andere, wonach man beurteilt, dass die Städte stark sind,

steht nun allen viel mehr und größer zur Verfügung als denen damals.

Aber das wird unbrauchbar, unwirksam und unnütz durch die, die <damit> handeln.

[41] ὅτι δ᾽ οὕτω ταῦτ᾽ ἔχει τὰ μὲν νῦν[1] ὁρᾶτε δήπου

καὶ οὐδὲν ἐμοῦ προσδεῖσθε μάρτυρος·

τὰ δ᾽ ἐν τοῖς ἄνωθεν χρόνοις ὅτι τἀναντί᾽ εἶχεν ἐγὼ δηλώσω,

οὐ λόγους ἐμαυτοῦ λέγων, ἀλλὰ γράμματα τῶν προγόνων τῶν ὑμετέρων ἁκεῖνοι κατέθεντ᾽ εἰς στήλην χαλκῆν γράψαντες εἰς ἀκρόπολιν,

οὐχ ἵν᾽ αὐτοῖς ᾖ χρήσιμα

(καὶ γὰρ ἄνευ τούτων τῶν γραμμάτων τὰ δέοντ᾽ ἐφρόνουν),

ἀλλ᾽ ἵν᾽ ὑμεῖς ἔχηθ᾽ ὑπομνήματα καὶ παραδείγματα

ὡς ὑπὲρ τῶν τοιούτων σπουδάζειν προσήκει.

Dass sich das aber so verhält, soweit es die Gegenwart betrifft, seht ihr ja,

und und benötigt von mir keinen Zeugen dafür.

Dass sich das in den früheren Zeiten gegenteilig verhielt, will ich erklären,
nicht mit eigenen Worten, sondern mit einem Text eurer Vorfahren,
den jene auf eiserne Stelen schrieben und auf der Akropolkis aufstellten,

nicht damit er ihnen nützlich sei

(denn auch ohne ihn bedachten sie das Nötige),

sondern damit ihr ihn zur Erinnerung und als Beispiel hättet,

wie man sich um solche Dinge zu bemühen soll.

[42] τί οὖν λέγει τὰ γράμματα;

‘Ἄρθμιος’ φησὶ ‘Πυθώνακτος Ζελείτης ἄτιμος

καὶ πολέμιος τοῦ δήμου τοῦ Ἀθηναίων καὶ τῶν συμμάχων

αὐτὸς καὶ γένος.’

εἶθ᾽ ἡ αἰτία γέγραπται, δι᾽ ἣν ταῦτ᾽ ἐγένετο· ‘

ὅτι τὸν χρυσὸν τὸν ἐκ Μήδων εἰς Πελοπόννησον ἤγαγεν.’

ταῦτ᾽ ἐστὶ τὰ γράμματα.

Was also sagt der Text?

Er sagt: „Arthmios aus Zeleia, Sohn des Pythonax, <ist> geächtet

als Feind sowohl des Volkes der Athener als auch der Bundesgenossen,

er selbst und sein Geschlecht.“

Dann steht der Grund geschrieben, deretwegen dies geschah.

„Weil er das Gold von den Medern zur Peloponnes brachte.“

Das ist der Text.

[43] λογίζεσθε δὴ πρὸς θεῶν, τίς ἦν ποθ᾽ ἡ διάνοια

τῶν Ἀθηναίων τῶν τότε, ταῦτα ποιούντων,

ἢ τί τὸ ἀξίωμα.

ἐκεῖνοι Ζελείτην τινά, Ἄρθμιον, δοῦλον βασιλέως

(ἡ γὰρ Ζέλειά ἐστι τῆς Ἀσίας),

ὅτι τῷ δεσπότῃ διακονῶν χρυσίον ἤγαγεν εἰς Πελοπόννησον,

οὐκ Ἀθήναζε,

ἐχθρὸν αὑτῶν ἀνέγραψαν καὶ τῶν συμμάχων

αὐτὸν καὶ γένος, καὶ ἀτίμους.

Bedenkt also, bei den Göttern, was wohl der Gedanke war

der damaligen Athener, als sie das taten,
oder was der Grundsatz.

Jene haben, einen Mann aus Zeleia, Arthmios, Knecht des Großkönigs

(denn Zeleia gehört zu Kleinasien),

weil er das Gold im Dienste des Despoten in die Peloponnes brachte,

nicht <einmal> nach Athen,

als ihren und der Bundesgenossen Feind schriftlich benannt,

ihn selbst und sein Geschlecht, und zwar als Geächtete.

[44] τοῦτο δ᾽ ἐστὶν οὐχ ἣν οὑτωσί τις ἂν φήσειεν ἀτιμίαν·

τί γὰρ τῷ Ζελείτῃ,

τῶν Ἀθηναίων κοινῶν εἰ μὴ μεθέξειν ἔμελλεν;

ἀλλ᾽ ἐν τοῖς φονικοῖς γέγραπται νόμοις,

ὑπὲρ ὧν ἂν μὴ διδῷ φόνου δικάσασθαι,

ἀλλ᾽ εὐαγὲς ᾖ τὸ ἀποκτεῖναι,

‘καὶ ἄτιμος’ φησὶ ‘τεθνάτω.’

τοῦτο δὴ λέγει, καθαρὸν τὸν τούτων τιν᾽ ἀποκτείναντ᾽ εἶναι.

Das aber ist nicht, was man so einfach Ächtung nennen könnte.

Was war das denn für den Mann aus Zeleia,

wenn er am Gemeinwesen der Athener nicht teilnehmen sollte?

Aber in den Gesetzen zu Mordfällen ist geschrieben,

über diejenigen, gegen die er (der Staat) nicht erlaubt wegen Mord zu prozessieren,

sondern es heilig ist, sie zu töten:

„Und geächtet“, sagt er, „soll er getötet werden.“

Das also sagt er, dass der, der einen von diesen tötet, rein sei.

 

Besonderheiten, über die wir sprachen:

  1. Mehrfach bereiten Elisionen Schwierigkeiten, nicht bei den üblichen kurzen Wörtern wie δ᾽, οὐδ᾽, τἄλλ᾽, ταῦτ᾽, ἀλλ᾽ oder ἵν᾽,
    selbst dann nicht, wenn bei folgendem Spiritus asper ein τ᾽ zu θ ein π᾽ zu φ assimiliert wurde wie bei ὑφ᾽ ὧν, ᾽ ἅπανθ᾽ ὥσπερ oder πάνθ᾽ ὅσ᾽ ἐκ …,
    sondern bei Verbformen, die uns offensichtlich nicht in gleicher Weise geläufig sind, zumal wenn eine Assimilation hinzukommt
    ἀλλ᾽ ἵν᾽ ὑμεῖς ἔχηθ᾽ ὑπομνήματα
  2. Immer wieder einmal die Prädikativa: [40] τἄλλ᾽ … νῦν ἅπασι καὶ πλείω καὶ μείζω ἐστὶ τῶν τότε πολλῷ,
    zumal in Verbindung mit dem Dativus possesivus in ἅπασι und dem nachgestellten Dativus mensurae in πολλῷ.
  3. In [43] τίς ἦν ποθ᾽ ἡ διάνοια begegnete uns wieder einmal das Genus des Prädikatsnomen (hier τίς), das sich nach dem Subjekt richtet,
    während im Deutschen ein Neutrum eintritt: „Was war wohl der Gedanke?“
    Oder derselbe Vorgang beim Prädikativum, und das obendrein als Relativpronomen:
    [44] τοῦτο δ᾽ ἐστὶν οὐχ ἣν οὑτωσί τις ἂν φήσειεν ἀτιμίαν· „Das aber ist nicht, was man leichthin Ehrlosigkeit nennen könnte.“
  4. In [44] auffälliges Perfekt von ἀποθνῄσκω: τέθνηκα, Ιnf.: τεθνάναι; hier deutlich als präsentisches Passiv zu κτείνω (steht im selben Satz).
  5. Holger fragte nach den Inscriptiones Graecae; Wikipedia ergab:
    Die Inscriptiones Graecae („Griechische Inschriften“, abgekürzt IG) sind ein Akademievorhaben an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften,
    das alle bekannten antikenInschriften des griechischen Festlands und der griechischen Inseln sammelt und herausgibt.
    Ich habe dort Arthmios erfolglos in der Suche eingegeben, die allerdings sowieso nicht direkt zu den Inschriften führt.

Nächstes Treffen:
nach längeren Überlegungen Freitag, 18.11., 20:30 Uhr (!!!)

Vorbereitung dazu:
pDem9.38-50 Text, nunmehr ab Satz 55.

Überlegungen zur nächsten Lektüre:
Epikur. Das käme auch Ulf entgegen. Aber noch wollen wir Dem.9 zu Ende übersetzen, wahrscheinlich bis Weihnachten.
Denn die Rede umfasst insgesamt 76 Paragraphen.

Den ersten Versuch eines Verbevideos habe ich ebenfalls in pDem9.38-50 Text hochgeladen. Ich bitte um Kritik.

 


[1] τὰ μὲν νῦν: „soweit es die Gegenwart betrifft“